Michael Scheyer
Journalist | Filmemacher | Dozent
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Arbeitsproben

Das letzte Spiel von Dirk Nowitzki – ich war dabei

26. April 2019 Reportage, Text
Das letzte Spiel von Dirk Nowitzki – ich war dabei

Dirk Nowitzki hat in der NBA das letzte Spiel seiner Basketballkarriere bestritten. Unser Redakteur erlebte das letzte Spiel des besten deutschen Basketballers aller Zeiten mit Gänsehaut vor Ort.

Die San Antonio Spurs spielen gut. Sie passen, sie dunken, sie werfen Dreier und sie führen das gesamte Spiel über mit irgendwas zwischen 15 und 20 Punkten. Aber das interessiert beim NBA-Spiel am Mittwoch (Ortszeit, in Europa in der Nacht zu Donnerstag) nur wenige im AT&T-Stadion in San Antonio. Das vierte und letzte Viertel des Basketballspiels der Spurs gegen die Dallas Mavericks beginnt ohne Dirk Nowitzki. Und die allermeisten sind seinetwegen hier. Sie fordern: „We want Dirk.”

Wenn es dunkel wird im Stadion, funkeln blaue Lichter. Fans der Mavericks haben sich blaue Lichterketten umgehängt. Ist es hell, sind die vielen Dirk-Nowitzki-Trikots gut zu erkennen. Sie sind blau und zeigen die Nummer 41. Viele haben auch blaue T-Shirts, auf den die Zahlenkombination 41.21.1 zu lesen ist.

Mitten im Spiel: Dirk Nowitzki wirft einen der letzten Dreier seiner Karriere.

41 – das ist die Trikotnummer von Dirk Nowitzki. 21 – so viele Jahre spielte er in der amerikanischen Profibasketballliga NBA. 1 – von Anfang bis Ende blieb er den Mavericks treu. Kein anderer Spieler in der Geschichte der NBA spielte so lange für ein einziges Team.

Deshalb lieben ihn die Amerikaner. „Er hat 21 Jahre für ein und dasselbe Team gespielt”, erklärt Josh, der aus der texanischen Hauptstadt Austin gekommen ist, um sich das Spiel anzusehen. Eigentlich ist er Spurs-Fan. Aber für dieses Spiel hat er sich selbst mit schwarzem Filzstift „Nowitzki” und „41” auf den Rücken seines schwarzweißen Spurs-Trikots gemalt. „He played so long for only one team, that’s awesome.” Übersetzung überflüssig. Für die Treue lieben ihn die Amerikaner.

Für seine Athletik eher weniger. Nowitzki sieht immer so aus, als würde die Gravitation an ihm schwerer ziehen als an anderen Menschen. So athletisch, beweglich und agil wie heutige Spieler ist Nowitzki nicht. Dafür ist er verlässlich und konstant. Und frei von Skandalen. Auch dafür wird er bewundert.

Vor dem Spiel: Dirk Nowitzki muss nach dem Warmup Interviews und Autogramme geben.

Das Spiel in San Antonio – das letzte Spiel seiner Karriere – beginnt mit einem Rückblick auf der großen Leinwand, der Nowitzki die Tränen in die Augen treibt. So emotional wie dieser Abschied sind die allerwenigsten in der NBA. Aber bei diesem Spiel ist es egal, wer führt, egal, wer gewinnt. Nowitzkis Mavericks sind ohnehin nicht für die Play-offs qualifiziert. San Antonio dagegen schon, und die Mannschaft kämpft noch um eine bessere Ausgangsposition für die Endrunde.

Aber den meisten Fans ist das egal. Sie wollen lieber die Legende in Aktion sehen. Bekommt Nowitzki den Ball, geht ein Raunen durch die Menge, wirft er daneben, stöhnt sie, trifft er, jubelt sie, als hätte „Dörk“ eben die Meisterschaft klar gemacht.

Ein Fan (links) und der Autor im AT&T-Stadion in San Antonio.

„Er hat sogar einen Dreier geschossen”, sagt eine Frau nach dem Spiel vor dem Stadion. Darum ging es den Fans, die extra nach San Antonio gekommen waren, aus Austin, aus Dallas, sogar aus Deutschland: Die letzten Punkte der Legende live miterleben zu können, um sie in Erinnerung zu behalten, bevor sie nie wieder zu sehen sein werden. Die Fans stimmen Sprechchöre an wie „M.V.D” (Most valuable Dirk) oder „Let’s go, Dirk”. So, als ob man Dirk Nowitzkis Spiel einrahmen und an die Wand hängen könnte.

Am Ende gewinnen die Spurs mit 105:89. Aber darum ging es quasi kaum. Es ging um Dirk Nowitzki. Verließ er für eine Pause das Feld, lehnten sich die Zuschauer zurück. Betrat er das Feld, standen die Zuschauer auf. So wie am Ende: Alle erhoben sich, um Nowitzki Ehre zu erweisen. Als einen der großartigsten Spieler der Geschichte der NBA. Natürlich werden die Mavericks „Dörk“ vermissen. Natürlich werden die deutschen Fans ihn vermissen. Aber, das zeigte die Stimmung bei seinem Abschiedsspiel, die anderen eben auch. Was bleibt, ist das, was auf den T-Shirts steht: 41.21.1.